Bin ich bereit für ein eigenes Pferd?
Gekauft ist ein Pferd schnell, aber bist du bereit für ein Pferd? Häufig fällt die Entscheidung zum eigenen Pferd leider komplett unüberlegt, wenn wir auf unmotivierten Schulpferden sitzen, die den anderen Pferden nur hinterher laufen oder wir bereits den Schritt zur Reitbeteiligung gemacht haben, aber mit den „Vorgaben“ der Besitzer nicht zufrieden sind.
Im heutigen Teil der Serie „ein eigenes Pferd“ geht es darum herauszufinden, ob du wirklich schon bereit für ein eigenes Pferd bist und welche Eigenschaften du als künftige:r Besitzer:in mitbringen solltest. Außerdem zähle ich dir die Alternativen auf, falls du dich doch gegen einen Pferdekauf entscheiden solltest. Denn bedenke immer: ein Pferd ist kein Gegenstand, den du in die Ecke stellen kannst, wenn du gerade mal nicht damit „spielen“ möchtest!
Inhalt
Welche Eigenschaften sollte ich haben?
- Verantwortungsbewusstsein
- Flexibilität
- Durchsetzungsvermögen & Konsequenz
- Geduld
Ich fange mal mit den weniger wichtigen Punkten an und fasse Durchsetzungsvermögen, Konsequenz und Geduld zusammen. Alle drei Eigenschaften benötigst du im täglichen Umgang und im Training mit deinem zukünftigen Pferd. Dies ist die Basis für eine funktionierende Kommunikation und Partnerschaft und führt dazu, dass es erst gar nicht zu gefährlichen Situationen kommen kann. Klar können auch Pferd-Reiter-Kombinationen funktionieren, in der du deinem Pferd das Steuer überlässt, allerdings musst du dann auch damit rechnen, dass dein Pferd in einer, für ihn/sie unhändelbaren Situation beschließt, z.B. durchzugehen.
Als sehr wichtigen Punkt stufe ich die Flexibilität ein. Nicht nur im Privaten, sondern auch im Beruflichen ist es wichtig, dass du jederzeit erreichbar bist und zu deinem Pferd fahren kannst. Oder zumindest eine Person organisierst, die für dich zum Stall fährt. Das ist z.B. der Fall, wenn dein Pferd eine schwere Verletzung erlitten hat oder krank geworden ist. Auch Tierärzte oder Hufschmiede haben nur bestimmte Termine bei denen du spontan reagieren und vor allem Zeit einplanen musst. Doch das bezieht sich nicht nur auf den gewöhnlichen Alltag, sondern auch im Urlaub oder wenn du einmal krank werden solltest.
Das allerwichtigste, wenn du dir ein Tier kaufst, ist Verantwortung übernehmen zu können. Dabei spielt es keine Rolle ob das nun ein Pferd, Hund oder Nagetier ist. Fakt ist: Dieses Tier kann sich nicht alleine versorgen! Aber das Füttern ist natürlich nur der Anfang. Ich nehme noch einmal die Verletzung des Tieres auf. Freunde dich hier schon mal mit dem Gedanken an auch mal „falsche“ Entscheidungen zu treffen. Vielleicht rufst du den Tierarzt, obwohl gar nichts ist. Dann hast du unnötig Geld ausgegeben, aber lieber einmal zu viel als einmal zu wenig kommen lassen oder? Dann kann es nämlich dazu kommen, dass du noch mehr zahlen musst, weil aus einer vermeintlich harmlosen Verletzung ein Notfall geworden ist und dein Tier in die Klinik muss. Und im schlimmsten Fall musst du dann auch noch über Leben oder Tod deines Tieres entscheiden.
Spätestens an dieser Stelle solltest du dir ernsthaft die Frage stellen: bin ich wirklich bereit dazu diese Verantwortung für mein Pferd zu tragen? Kannst du diese Frage nicht mit einem klaren „JA“ beantworten, ist für dich noch nicht der richtige Zeitpunkt zum Kauf eines eigenen Pferdes gekommen.
Wie viel Fachwissen ist nötig?
Merke dir eins: Pferde sind nicht wie Schulpferde! Wichtig vor dem Kauf eines Pferdes ist dir im Klaren zu sein, ob du deine Fachkenntnisse und Fähigkeiten realistisch einschätzen kannst und bereit bist für dein Pferd ständig dazuzulernen und dich weiterzubilden. Dabei geht es natürlich nicht nur um das Reiten, sondern viel mehr um die Haltung und den Umgang, Gesundheit und Fütterung. Außerdem solltest du dir eine Liste von Experten auf verschiedenen Gebieten anlegen, auf die du immer wieder zurückgreifen kannst. Für die Weiterbildung eignen sich z.B. Fachbücher, Webinare und Onlinekurse, sowie auch Podcasts. Dazu solltest du dir Zeit nehmen und dich intensiv mit verschiedenen Themen auseinandersetzen.
Im Sommer 2021 habe ich eine Anfrage für die Nutzung einer Grafik von meiner Webseite bekommen. Diese sollte als Vorlage eines Schattenschnitts in dem Fachbuch „Blickschulung – Pferdegerechte Ausbildung erkennen“ von der Autorin und klassischen Dressurausbilderin Anja Beran dienen. Ich habe mich riesig über diese Anfrage gefreut und zugestimmt. Daraufhin bekam ich im Januar 2022 ein Exemplar des oben genannten Buches, welches im November 2021 vom Crystal Verlag veröffentlicht wurde, kostenlos zugeschickt. Danke an dieser Stelle an Anja Beran und ihr Team!… weiterlesen
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Ganz ohne vorher erlangtes Wissen geht es definitiv nicht! Das heißt, wenn du absoluter Anfänger im Reitsport bist, suche dir erstmal Alternativen zum eigenen Pferd. Da werde ich dir im Verlauf dieses Artikels noch Beispiele aufzählen. Meiner Meinung nach sind vertretbare Grundvoraussetzungen vor dem Pferdekauf:
- Pferdeverhalten verstehen
- Grundlagen im alleinigen Umgang mit dem Pferd
- Erkennen von Krankheiten und Wissen über Gesunderhaltung
- Grundlagen in der Pferdefütterung
- Pferde-/Reitausrüstung „verstehen“
- Alle Gangarten beherrschen und dabei zügelunabhängig und ausbalanciert sitzen können
- Reit- bzw. Haltungsfehler beim Pferd erkennen
Kannst du hier alle Voraussetzungen erfüllen, bist du deinem eigenen Pferd einen großen Schritt näher. Fehlt dir Wissen über einen Punkt, solltest du dieses unbedingt VOR DEM KAUF aufholen!
Weiter denken!
Auch wenn gerade in diesem Moment der Wunsch ein eigenes Pferd zu besitzen riesengroß ist, solltest du mal ein paar Jahre weiter denken. Gerade, wenn du jetzt erst die Schule oder vielleicht auch schon die Ausbildung beendet hast. Evtl. bist du ja auch mit Mitte 40 ein:e Späteinsteiger:in im Reitsport? Ein Pferd besitzt du bestenfalls mehr als 20 Jahre. Beantworte dir also erst einmal folgende Fragen:
- Möchte ich studieren gehen?
- Möchte ich in naher Zukunft Kinder haben?
- Könnte ich in 10 Jahren das Interesse am Pferd verlieren, weil mir andere Punkte im Leben wichtiger sind?
- Könnte ich in 20 Jahren zu alt und körperlich nicht mehr in der Lage sein ein Pferd zu versorgen?
Kannst du alle Fragen mit „NEIN“ beantworten, bist du sowas von bereit für ein eigenes Pferd, sofern auch die zuvor angesprochenen Themen stimmen! Ansonsten solltest du dich erstmal nach einer Alternative umschauen. Alternativen wären hier z.B. eine Reit- oder Pflegebeteiligung bzw. Pferd zur Pflege. Der Unterschied hier ist, dass du eine Reitbeteiligung etwa 1-2x pro Woche (je nach Absprache) in irgendeiner Form bewegst. Bei einer Pflegebeteiligung hingegen, übernimmst du einen Großteil der Verantwortung für das Pferd. Meist kommt das zustande, wenn der Besitzer z.B. ein Auslandssemester o.ä. macht. Das ähnelt einem eigenen Pferd schon sehr, ist aber leider sehr selten zu bekommen.
Wann und warum bin ich zum Pferd gekommen?
Auch bei mir war ein eigenes Pferd schon in jungen Jahren ein großer Traum. Meine Eltern haben mir zum Glück kein Pferd geschenkt, sondern ich habe mich dann kurz vor meinem 18. Geburtstag dazu entschlossen mir selber eins zu kaufen. Ich war zu dem Zeitpunkt fast mit der Schule fertig und habe somit noch kein eigenes Geld verdient. Da muss ich ganz klar sagen: Der Zeitpunkt war zu früh und ich war noch nicht bereit für ein eigenes Pferd!
Warum ich mich letztendlich dazu entschlossen hatte mir ein Pferd zu kaufen, war meine Reitbeteiligung bzw. die Besitzer. Diese hatten zwar viel Erfahrung in der Haltung von Pferden, aber leider nicht vom Reiten. Dieses Pony war sehr schlecht ausgebildet und ich hatte mir vorgenommen es auf den richtigen Weg zu bringen. Problem dabei war, dass meine Arbeit immer wieder „kaputt gemacht“ wurde, sobald die Besitzerin 1x drauf saß. Das hat mich nach 2 Jahren so genervt, dass ich mir gesagt habe: Ich möchte ein Pferd, auf dem nur noch ich reite! So bin ich dann zu Wango gekommen.
Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich ganz viel Hilfe und Unterstützung von meinen Eltern und meiner Trainerin hatte. Einen Großteil meines Wissens über die verschiedensten Themen mit und um Pferde, habe ich mir mit Wango quasi gemeinsam beigebracht. Ich habe gemeinsam mit ihm und von ihm gelernt und auch andersherum. Das war und ist ein wunderschönes Erlebnis und möchte ich nicht missen! Für das Pferd ist es meiner Meinung nach nicht ganz korrekt, siehe mein Beispiel mit der Besitzerin meiner damaligen Reitbeteiligung….
Also überleg dir bitte sehr gut, ob es wirklich schon das eigene Pferd sein muss und ob du Unterstützung von deiner Familie oder auch von Freunden hast. Mit wie vielen Jahren hattest du dein erstes eigenes Pferd? War das für dich die richtige Entscheidung?