Back to Basics

Keine Panik beim Anbinden des Pferdes

Nach dem Führen gehört das Anbinden eines Pferdes zum Alltag eines Reiters. Daher läuft es beim geschulten Reiter bereits automatisch ab und wird als selbstverständlich hingenommen. Doch nicht jedes Pferd mag es überall angebunden zu stehen. Es kann sogar zur Gefahr für andere und sich selbst werden, sollte es sich erschrecken und losreißen. Auch wenn dein Pferd es beherrscht angebunden am Putzplatz zu stehen, kann es immer wieder passieren, dass es sich erschreckt und in Panik gerät. Auch Veränderungen im Stall können Auslöser für ein verändertes Pferdeverhalten sein. Daher ist es wichtig das Anbinden regelmäßig mit seinem Pferd zu üben und es ggf. zu korrigieren.

Dein Pferd lässt sich nicht führen? Dann lies gerne den ersten Teil der Back to Basics-Serie...

Das Pferd richtig anbinden

Zum Anbinden eines Pferdes wird in der Regel ein gewöhnliches Stallhalfter angezogen und mit einem Strick mit Panikhaken versehen. Ein Pferd darf NIEMALS an der Trense bzw. am Gebissring angebunden werden. Bei Erschrecken besteht eine sehr hohe Verletzungsgefahr im Maul und am Nasenbein!

Achte beim Anbinden darauf, dass der Anbindering/-balken nicht zu hoch oder tief ist, damit dein Pferd eine entspannte Kopfhaltung einnehmen kann. Die korrekte Anbindehöhe ist etwa auf Brusthöhe des Pferdes. Die meisten Ställe bieten extra Anbindeplätze für Pferde an, wo im Idealfall die Anbindemöglichkeiten in verschiedenen Höhen (für Großpferde und Ponys) angeboten werden. Der Strick sollte beim Anbinden so lang sein, dass dein Pferd sich problemlos umschauen, aber ausreichend kurz, dass es nicht drauf oder drüber treten kann. Als Richtmaß kannst du die Länge deines Armes nehmen.

Der Panikhaken ist dabei am Ring unter dem Kinn des Pferdes eingehakt und das andere Ende des Seils wird mit dem Sicherheits- oder auch Panik- bzw. Pferdeknoten genannt, am Anbindering befestigt. Natürlich kannst du ihn auch an einem Querbalken nutzen oder sonstigen Anbindemöglichkeiten in deinem Stall.

Anleitung für den Anbindeknoten

Möchtest du dein Pferd lieber beidseitig anbinden, z.B. auf der Stallgasse oder in einer Waschbox etc., so befestigst du die Panikhaken beider Stricke an den eckigen Verbindungsstücken seitlich des Halfters. Auch hier solltest du darauf achten, dass die Stricke nicht zu stark durchhängen oder auf Spannung sind, damit dein Pferd seinen Kopf bewegen kann. Das Putzen in der Pferdebox ist nicht zu empfehlen, da du deinem Pferd nicht gut ausweichen kannst und der Dreck bzw. das ausgebürstete Fell in das Futter fallen können.

Anbinden ist nicht ganz ungefährlich…

Die größte Gefahr beim Anbinden ist der Fluchtinstinkt des Pferdes. Sei es ein unbekanntes oder lautes Geräusch, vor dem sie sich erschrecken oder eine plötzliche Bewegung. Man weiß nie wann es passieren kann. Daher ist es für dich wichtig den potenziellen Anbindeplatz vorher genau zu checken:

  • Stehen irgendwo Gegenstände, die umfallen können?
  • Ist eine Tür in der Nähe, die plötzlich aufgehen oder zufallen könnte?
  • Kann das Pferd in etwas hinein- oder gegen treten?

Durch Erschrecken kann sich das Pferd böse Verletzungen, wie Schleimbeutelentzündungen oder sogar Knochenbrüche zuziehen. Das Genick des Pferdes ist sehr empfindlich bei Druck und der dort gelegene Schleimbeutel kann bei Zug am Halfter bleibende Schäden davontragen. Geben Halfter oder Strick bei Zug nach, kann sich das Pferd sogar überschlagen. Tritt es in die Putzbox, können Schnittwunden durch Plastikkanten entstehen… Das und weitere Szenarien gilt es zu vermeiden.

Mögliche Probleme beim Anbinden des Pferdes

Bei Problemen, die erst nach einer gewissen Zeit aufgetreten sind, sollte zuerst die Ursache ermittelt und abgestellt werden, bevor man an das Training geht. Dies könnte z.B. ein ganz bestimmter Putzplatz sein, an dem sich dein Pferd nicht wohl fühlt oder eine allgemeine Veränderung im Stall.

Mein Pferd hängt sich in das Halfter

Pferde reagieren von Natur aus auf Druck mit Gegendruck. Erschreckt sich dein Pferd also bzw. zieht den Kopf nach oben, so spürt es einen Druck im Genick. Die Reaktion: Weiter ziehen, bis der Druck aufhört. Das ist meist dann der Fall, wenn entweder Halfter oder Strick reißen. Bringe deinem Pferd also bei, dem Druck im Genick nachzugeben und den Kopf zu senken. In einer Panikreaktion ist so die Chance geringer, dass es sich losreißt.

Ist diese Reaktion des Losreißens bereits zur Normalität geworden, gilt es dem Pferd zu sagen, dass es durch Ziehen nicht weiter kommt. Das erreichst du, indem du das Pferd nicht festbindest. Ersetze den Strick durch eine Longe, die du in das Halfter einhängst und wickel diese 2x um einen Anbindebalken. Bitte eine andere Person die Longe zu halten. Kommt das Pferd nun auf die Idee sich nach hinten schmeißen zu wollen, lässt dein Helfer die Longe einfach locker mitgleiten. Dein Pferd wird merken, dass kein Druck im Halfter kommt und aufhören.

Eine zweite Lösung wäre die Arbeit mit einer Hinterhandbandage. Hierfür benötigst du wieder einen Helfer, der die Bandage (du kannst auch eine einfach Elastikbandage nutzen) am einen Ende hält und das andere Ende am Balken oder einer Wand befestigt. Sie sollte die Hinterhand des Pferdes noch nicht berühren, sondern nur, wenn es nach hinten tritt. Dann bekommt es durch den Druck der Bandage an der Hinterhand einen Vorwärtsimpuls. Achtung! Dies sollte nur ausgeführt werden, wenn das Pferd Berührungen an der Hinterhand z.B. durch die Doppellonge bereits kennt!

Mein Pferd zieht sich das Halfter aus

Die einfachste Lösung dies zu unterbinden ist das beidseitige Anbinden des Pferdes. So kommt das Pferd weder an eine Wand noch an sein Bein zum Abstreifen des Halfters. Schöner wäre es aber dem Pferd dies durch Konsequenz abzutrainieren. Ein Beispiel aus meinem Pferdealltag: Wango streift sich das Halfter immer ab, wenn er alleine angebunden steht bzw. er keine Aufmerksamkeit von mir bekommt, weil ich z.B. gerade seine Ausrüstung hole. Sobald er mich nicht mehr sieht, ist das Halfter schon ab. Meistens läuft er dann aber nicht weg, sondern wartet an seinem Platz auf mich. Dies tut er, seit wir den Stall gewechselt haben an jedem Putzplatz, wo er alleine steht.

Um dies zu unterbinden, lasse ich ihn angebunden stehen, mache etwas anderes z.B. fegen, aber habe ihn dabei (unbemerkt) im Auge. Sobald ich sehe, dass er sich das Halfter abstreifen möchte, unterbinde ich dies mit einem deutlichen NEIN! Die Anbindezeit sollte dabei langsam gesteigert werden.

Mein Pferd löst den Knoten bzw. kaut auf dem Strick

Gegen das Lösen des Knotens kannst du genau wie beim Punkt zuvor vorgehen. Kaut das Pferd allerdings auf dem Strick, kann dies mehrere Ursachen haben. Hat es Stress in der Herde? Ist es nervös an diesem Putzplatz oder steht gerade ein ranghöheres Pferd in der Nähe, was es nicht mag? Diese Ursachen sollten auch hier erforscht werden. Viele Pferdebesitzer ignorieren dieses Verhalten einfach, dabei kann es bei Erschrecken ein erhöhtes Verletzungsrisiko darstellen.

Wenn alles nichts hilft, dann probier doch mal ein Mittel mit speziellen Inhaltsstoffen aus, die gegen Anknabbern nutzen. Sie sind für das Pferd unschädlich, schmecken ihm halt nur nicht, wodurch das Knabbern gestoppt werden soll. Allerdings hilft auch hier nicht jedes Mittel bei jedem Pferd. Hast du bereits Erfahrungen mit solch einem Mittel? Schreib es gerne in die Kommentare, damit die Community aus deinen Erfahrungen lernen kann 🙂

Einfach oder beidseitig Anbinden?

In diesem Thema scheiden sich die Geister. Ich bevorzuge das normale Anbinden des Pferdes mit einem Strick, da es einfach weniger Platz wegnimmt und für mich komfortabler ist. Das geht allerdings nicht bei jedem Pferd (siehe oben) und manche Pferde lassen sich auch nicht beidseitig anbinden. Das musst du als Pferdebesitzer einfach ausprobieren und entscheiden, womit ihr euch wohler fühlt.

Hier habe ich dir noch eine kurze Übersicht mit den Vorteilen vom einfachen und beidseitigen Anbinden erstellt:

einfach

  • dein Pferd bekommt nicht bei der kleinsten Kopfbewegung Druck durch das Halfter im Genick
  • der Strick kann bei Panik/Erschrecken schneller geöffnet werden
  • der Weg für andere Pferde kann einfacher geschaffen werden

beidseitig

  • dein Pferd steht mittig und muss nicht hin und her geschickt werden
  • das Pferd kann sich mit dem Kopf nirgends schubbern und so das Halfter abstreifen
  • zieht dein Pferd nach hinten, bekommt es von beiden Seiten Druck und nicht direkt auf das Genick

jetzt weiterlesen in Teil 3: „Das Pferd weichen und rückwärtstreten lassen“

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