Das Pferd weichen und rückwärtstreten lassen
Jede:r Pferdebesitzer:in bzw. Reiter:in kennt diese Situationen, dass das Pferd auf der Stallgasse angebunden ist und jemand hinter dem Pferd passieren möchte. Dein Pferd versperrt aber den Weg, also musst du es zur Seite schicken. Oder du bist mit deinem Pferd auf dem Hänger zum Turnier gefahren. Da es im Hänger selten eine Wendemöglichkeit gibt, musst du es rückwärts die Rampe runter schicken. Das seitliche Weichen und das Rückwärtstreten ist eine Frage von gegenseitigem Respekt und Vertrauen. Habe dabei immer im Hinterkopf: In der Pferdeherde darf nur der ranghöhere schicken!
Dein Pferd lässt sich nicht anbinden? Dann lies jetzt Teil 2 der Back to Basics-Serie…
Wie bringe ich meinem Pferd das Weichen und Rückwärtstreten bei?
Wie auch beim Anbinden des Pferdes bereits beschrieben, ist es wichtig dem Pferd beizubringen, dass es Druck nachzugeben hat und nicht mit Gegendruck reagiert. Dabei geht es darum, dass es bereits auf sanften Druck oder sogar nur auf ein Signal ohne Berührung weicht. Dafür fängst du mit sehr leichten Hilfen an und verstärkst diese zunehmend, bis dein Pferd reagiert. Wichtig dabei ist der korrekte Zeitpunkt den Druck wegzunehmen. Nämlich genau dann, wenn dein Pferd nur einen Hauch der gewünschten Reaktion zeigt!
Behalte immer die gleiche Reihenfolge bei. So lernt dein Pferd die Signale kennen und du gibst ihm die Chance sofort darauf zu reagieren. Der Vorgang könnte z.B. wie folge aussehen:
- Richte deinen Blick auf die Stelle die Weichen soll
- Atme tief ein und mache dich groß, zeige dabei mit der Hand/Gerte auf die besagte Stelle
- Bewege dich langsam auf die Stelle zu ohne sie zu berühren
- Lege deine Hand/Gerte an die Stelle an ohne dabei Druck auszuüben
- Verstärke den Druck konstant oder gib immer stärker werdende Impulse mit deiner Gerte
- Dein Pferd zeigt die gewünschte Reaktion? SOFORT aufhören und loben!
Du kannst auch Stimmkommandos, wie „Zurück“ oder „Back“ zum Rückwärtstreten bzw. „rum“ zum seitlichen Weichen einbauen. Auch bestimmte Touchierpunkte kannst du deinem Pferd beibringen. Nutze dafür zum Rückwärtstreten entweder die Nase oder die Brust deines Pferdes und zum Weichen seine Flanke, Schulter oder Gurtlage.
seitliches Weichen mit der Hinterhand
Hier beschreibe ich dir das seitliche Weichen mit der Hinterhand, wie es bei der oben genannten Situation auf der Stallgasse von Vorteil sein könnte. Da du beim Putzen eher selten eine Gerte zur Hand hast, erkläre ich das Weichen auf Handsignal. Das Vorgehen hangelt sich an den zuvor beschriebenen 6 Punkten entlang. Natürlich sind die Hilfen auch auf die Vorhand übertragbar. Da wird dann die Schulter touchiert.
Du stellst dich also auf einer Seite mittig mit etwa 1,5m Abstand zu deinem Pferd auf und fixierst einen Punkt an der Flanke. Reagiert es nicht, atme tief ein, mache dich groß und strecke deinen Arm aus. Bewege dich anschließend mit ausgestrecktem Arm auf diese Stelle zu. Zeigt dein Pferd noch immer keine Reaktion, legst du die Fingerkuppen an diese Stelle und erhöhst langsam den Druck. Bewegt es sich nun, auch nur einen µm, in die gewünschte Richtung, nimmst du SOFORT den Druck weg und lobst dein Pferd ausgiebig. Dies ist auch der Moment, in dem du dein Stimmsignal geben solltest, damit es dies mit seiner Bewegung verknüpfen kann.
rückwärtstreten lassen
Möchtest du dein Pferd rückwärtstreten lassen, positionierst du dich frontal in einem Abstand von etwa 1,5m zum Kopf. Ich verwende als Touchierpunkt gerne die Brust, da mein Pony auf die Berührung an der Nase mit Ausweichen des Kopfes reagiert. Das muss aber jeder für sich selbst rausfinden. Bevor du aber diesen Punkt berührst, fixiere ihn auch hierbei erst wieder, atme tief ein, mach dich groß und strecke den Arm aus. Genügt das nicht, gehe einen Schritt mit ausgestrecktem Arm auf dein Pferd zu. Erst danach berührst du es an dem Punkt und steigerst wieder langsam den Druck. Bei der kleinsten Rückwärtsbewegung (auch nur einer Gewichtsverlagerung) nimmst du den Druck SOFORT weg und lobst ausgiebig. Auch hier kannst du dann wieder dein Stimmsignal geben.
Diesen Vorgang wiederholst du ein paar Mal, auch beim Weichen, und du wirst sehen, dass dein Pferd recht schnell lernt, bereits auf dein Körpersignal zu reagieren. Erhöhe nur langsam die Schrittzahl.
Merke!
Für ein Pferd ist es sehr unnatürlich rückwärts zu gehen. Normalerweise würde es sich einfach umdrehen und weggehen. Ein Pferd geht nur dann rückwärts, wenn ein anderes Pferd in seinen Individualbereich eindringt, und es den „Eindringling“ wegschickt.
mögliche Probleme
So soll es nicht aussehen: hochgerissener Kopf und rückwärts rennen! Auch wenn du dein Pferd nur einen Schritt zurück schicken möchtest, damit du durchgehen kannst, sollte es „an den Hilfen stehen“ und bestenfalls ruhig diagonal treten. Die oben beschriebene Situation ruft Verspannungen hervor.
Ebenso das Wedeln mit dem Strick. Dies ist ein sehr unangenehmes Gefühl für das Pferd, wodurch es sich verspannt oder auch erschrecken kann. Ruckartige Bewegungen mit der Gerte sollten vermieden werden, da sich dein Pferd auch hier erschrecken und zur Seite springen kann. Häufig wird diese Bewegung von Pferden mit einer Strafe in Verbindung gebracht und nur angewendet werden, wenn das Pferd aufmüpfiges, unerwünschtes Verhalten zeigt.
Apropos Strafe… Rückwärtsrichten sollte NIEMALS als Bestrafung für unangebrachtes Verhalten genutzt werden! Es ist eine gymnastizierende Übung in der Dressur und als solche sehr wertvoll.
Sei auch beim Aufbauen von Druck an der Flanke, Nase oder Brust vorsichtig, wenn dein Pferd es noch nicht kennt. Manche Pferde reagieren aggressiv auf Druck und könnten treten und beißen. Lerne dein Pferd also erstmal gut kennen, bevor du mit dieser Ausbildung beginnst und mache ihm klar, dass du die/der Ranghöhere bist und es dir vertrauen kann.
jetzt weiterlesen in Teil 4: „Stillgestanden! So parkst du dein Pferd“