Anatomie & Physiologie

Faszinierende Faszien – wie wirken sie sich auf das Pferdetraining aus?

Faszie – (lat. fascia = Binde, Band) beschreibt ein straffes Bindegewebe, das sich überall im Körper, unter der Haut, in Knorpel und Gelenken, Sehnen, Muskeln, Organen etc. wiederfindet. Sie sind ein noch relativ neues Forschungsgebiet in der Medizin. Erst seit 2007 gibt es eine offizielle internationale Definition. Natürlich gab es Faszien schon immer im Körper, allerdings wurden sie bis dato unterschätzt bzw. sogar „ignoriert“. Sie sind sogar ein sehr umfangreiches Themengebiet, weshalb ich mich in diesem Beitrag auf die Funktion von Faszien und deren Auswirkungen auf dein Training mit dem Pferd beschränke.

Was sind Faszien?

Um verstehen zu können, was Faszien eigentlich im Körper machen, fasse ich dir hier das Wichtigste kurz zusammen: Wie bereits oben beschrieben, sind sie ein Bindegewebe, das sich auf den gesamten Körper verteilt. Jeder einzelne Muskel und sogar jeder Muskelstrang ist umhüllt von einer Faszie, die ihn in Form und am Platz halten und Blut- und Lymphgefäße zwischen den Muskelschichten schützen. Dabei sind sie alle als eine Art Netz miteinander verknüpft. Die Lendenfaszie z.B. ist die größte Faszie im Pferdekörper und liegt oberhalb des Beckens. Sie verbindet die Rückenmuskulatur mit der Kruppen- und Oberschenkelmuskulatur, obwohl alles einzelne Faszienabschnitte sind.

Faszien werden unterteilt in 3 Kategorien:

  • oberflächliche Faszien
  • tiefe Faszien
  • viszerale Faszien

Während sich die oberflächlichen Faszien im Unterhautgewebe befinden, umschließen die tiefen Faszien Muskeln, Knochen, Nervenbahnen, Blutgefäße etc. Durch ihren hohen Flüssigkeitsanteil sind sie sehr elastisch und sorgen für die Gleitfähigkeit der Muskulatur. Die viszeralen Faszien haben die wichtige Funktion die inneren Organe an Ort und Stelle zu halten. Sie sind also sozusagen an den ihnen aufgehängt.

Myofasziales Netzwerk und Bio-Tensegrity

Faszien arbeiten Hand in Hand mit der Muskulatur zusammen. Diese Arbeit wird auch „myofasziales Netzwerk“ genannt („myo“ = Muskelanteil, „faszial“ = Verkettung entlang der Bewegungslinien). Diese Ketten sorgen für die Bewegungen. Nur wenn diese in ihrer Funktion nicht eingeschränkt sind, kann die Tragemuskulatur arbeiten. Sind die Faszien verklebt, können sie Bewegungsimpulse schlecht bis gar nicht weiterleiten und die Gleitfähigkeit der Muskulatur ist nicht gewährleistet. Diese Verklebungen können von Physiotherapeuten:innen bzw. Ostheotherapeuten:innen durch bestimmte Faszien-Massagetechniken wieder gelöst werden.

Werden sie nicht gelöst, führt die Bewegungseinschränkung über einen gestörten Lymphfluss zu Ablagerungen von Lymphflüssigkeit, was zu Gelenkschmerzen, Lahmheiten und sogar zum Verlust der Bewegungsfähigkeit des betroffenen Abschnitts führen kann. Neben den Bewegungssensoren enthalten Faszien auch Schmerzrezeptoren. Diese „speichern“ einen einmal erlebten Schmerz ab, wodurch sich auch nach Genesung andere (ungesunde) Bewegungsmuster entwickeln können.

grob dargestellte Übersicht der Faszien im Pferdekörper

Daraus lässt sich nun schlussfolgern, dass man ein Pferd, wenn ein Problem vorliegt, nicht in einzelne Regionen aufteilen kann, sondern als Ganzes betrachten sollte. Somit kommen wir zum nächsten Fachbegriff: „Bio-Tensegrity“ (Zugspannung, Ganzheit, Zusammenhalt). Hier ist die Faszie der Hauptbestandteil. Tensegrity bedeutet einfach, dass ein Reiz auf einen bestimmten Körperteil IMMER auch Auswirkungen auf benachbarte oder sogar weit entfernte Regionen hat.

So wirkt sich z.B. eine Fehlstellung des Hufes auf die Stellung des Beines, die Schiefe der Schulter bzw. Hüfte und ebenso auf die Wirbelsäule aus. Es kommt zu veränderten Zugzuständen der Muskulatur. Andersherum natürlich genauso: Hat das Pferd Probleme im Rücken, hat das Auswirkungen auf Schulter und Hüfte, die Beine und somit auf die Abnutzung der Hufe. Wusstest du das?

Pferdetraining für gesunde Faszien

Um die Faszien deines Pferdes intakt und geschmeidig zu halten, benötigt es viel abwechslungsreiche Bewegung. Das bedeutet folglich, dass du dein Pferd nicht jeden Tag nur auf dem Zirkel mit dem gleichen Boden longieren solltest, aber auch nicht jeden Tag nur dressurmäßig reitest. Um die Faszien zu trainieren eignen sich unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten. Beim Reiten oder auch bei der Bodenarbeit solltest du darauf achten die Bewegungen deines Pferdes harmonisch und gleichmäßig ausgeführt werden. Mache z.B. den einen Tag Stangentraining an der Longe, den nächsten Tag reitest du Seitengänge und viele Wendungen, den Tag darauf gehst du ins Gelände Ausreiten oder spazieren usw.

Abrupte Bewegungen, wie sie beim Springen oder beim Sliding Stop im Westernreiten praktiziert werden, sind Gift für Faszien und können das Gewebe dauerhaft schädigen. Ebenso, sind einseitige Bewegungen oder auch Bewegungsmangel nicht gesund. Die Elastizität geht verloren, wodurch ein erhöhtes Verletzungsrisiko durch plötzliche Bewegungen, wie sie bei kleinen Auseinandersetzungen in der Herde oder dem kurzen Sprint über die Weide, entstehen.

Doch nicht nur schlechte Bewegung kann die Faszien schädigen, sondern auch falsche Fütterung, insbesondere in Verbindung mit mangelnder Bewegung. Bekommt das Pferd zu viel Kraftfutter, entsteht im Körper ein erhöhter Säureanteil. Funktionsstörungen sind vorprogrammiert. Stress ist ein weiterer Auslöser für einen steigenden Säuregehalt und sollte möglichst vermieden werden.

Deine Anna

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